Die „Deutsche Bucht“ liegt hinter uns……..analog und digital

Nun haben wir nochmal die Zähne zusammengebissen, sind am Donnerstag, 16.05. in Lauwersoog morgens kurz vor 5 Uhr aufgestanden, mit dem ablaufenden Flutstrom raus in die Nordsee gefahren und dann weiter Richtung Westen, bis nach Harlingen. Der Wind weht weiterhin kräftig mit 6 Bft aus Ost, das wollen wir nutzen. Leider haben wir seit gestern Probleme mit unserem neuen Groß, es lässt sich weder ein-, noch ausrollen. Ärgerlich, darüber muss ich in Ruhe nachdenken, es soll wieder in Ordnung kommen. Aber nur mit der Genua laufen wir ordentliche 6 bis 7 Knoten, die hohen Wellen lassen die Ulysses ordentlich rollen, es schaukelt von Backbord nach Steuerbord. Viel Wasser und Wellen laufen unter dem Boot durch. Der Autopilot steuert sauber – auch zum Autopiloten (der „eiserne Gustav“ oder „meine dritte Hand“) gibt es noch einen eigenen Blogbeitrag, zusammen mit der Lösung zum Groß, denke ich?


Ein wenig ärgerlich ist, dass mit uns bzw. kurz vor uns zwei kleinere deutsche Boote (jeweils so um 35 Fuß) in Lauwersoog ablegen und uns unter Vollzeug wegfahren, also sie waren ein kleines bisschen schneller, haben auf der gesamten Strecke 2 bzw. 3 Nm Abstand rausgefahren, hätte ich das Groß dazu nehmen können, wäre es umgedreht gelaufen. Eben das alte Lied: zwei (oder mehr) Boote auf dem Wasser sind eine Regatta.


Tagesetappe: 73 Nm, wir kommen abends um 18 Uhr in Harlingen an. Etwas abgekämpft und ordentlich durchgeschüttelt, aber glücklich es geschafft zu haben. Etappe 1 (Deutsche Bucht, genauer ab Fehmarn, durch den NOK und die friesische Nordsee) geschafft, einen Tag verdiente Pause in Harlingen legen wir jetzt ein, Till und zwei Freunde steigen am Freitagabend dazu und segeln bis Amsterdam mit.


Die Ankunft in Harlingen ist dann etwas aufregend, viel Fährverkehr im Hafen, eine Fähre geht raus, ein Berufsschiff geht rein, eine weitere Fähre folgt, hallo, wann dürfen wir rein??? Endlich zwischen zwei Berufsschiffen fassen wir uns ein Herz und ab in den Vorhafen, immerhin stehen draußen immer noch gut 30 Knoten Wind. Kurz orientiert, wo müssen wir hin? Ach da, hinter dem Vorhafen einen Bogen nach Backbord und durch die Klappbrücke. Leider haben wir draußen beim Warten alle Fender und Festmacherleinen auf der falschen Seite (Steuerbord, meine Schokoladen- und Lieblingsseite zum Anlegen) ausgebunden, als wir beginnen in aller Eile alles von Steuerbord nach Backbord umzubauen, erklingt eine Lautsprecherdurchsage:


„Ulysses, wollte ihr durch die Klappbrücke? Wir öffnen sofort“. Das nenn ich Service. Kaum sind wir durch und fahren zur nächsten Klappbrücke, die in den Zuiderhaven führt, der Hafen, den wir uns ausgesucht haben und der für unsere Bootgröße geeignet sein soll, im Hafenführer als gemütlich und schön beschrieben wird, kommt der amtliche, holländische Hafenmeister auf seinem Fahrrad daher gefahren, er spricht Deutsch, mit diesem „Rudi-Carrell-Akzent“:


Hafenmeister: Wollt ihr in den Zuiderhaven?

Skipper: Ja

Hafenmeister: Wie lange wollt ihr bleiben?

Skipper: 2 Tage

Hafenmeister: Da ist im Moment keine Box frei, ihr fahrt im Zuiderhafen bis ins letzte Becken durch, dort liegt ein Plattboden-Schiff, rechts, da geht ihr ins Päckchen, morgen früh gehen mehrere Boote raus, dann verholt ihr euch in eine Box. Strom und Wasser sind am Schwimmsteg, Toiletten und Duschen allerdings nur im Noorderhaven. Da könnt ihr zu Fuß hinlaufen. Code lautet: xxxx#

Skipper: Prima, so machen wir das.

Hafenmeister (holt ein Apple-Tablet raus und tippt alle abgefragten Daten fleißig in ein Programm):

Familien-Name?

Skipper: Schrader

Hafenmeister: Bootslänge?

Skipper: 14 Meter

Hafenmeister: Port of Registration?

Skipper: Hamburg

Hafenmeister: Bootsname?

Skipper: Ulysses, ich buchstabiere:

U – Uniform

L – Lima

Y – Yankee

Hafenmeister: Alles gut, ich habe das Buch gelesen, ich mag die griechische Mythologie!!!


Respekt und Kompliment, ein belesener, gebildeter Hafenmeister. Ein netter Kerl obendrein. Er lässt die Klappbrücke öffnen, wir fahren so wie er es beschrieben hat in hintere Becken. Alles wunderbar. Das Plattbodenschiff hatte ein Beiboot ausgebunden, da konnten wir nicht ins Päckchen, gegenüber liegt ein großes Stahlboot (ein zum Freizeitboot umgebauter Fischkutter, tip-top restauriert), da gehen wir ins Päckchen, der Skipper macht nur zur Bedingung, dass wir ihn am nächsten Morgen pünktlich um 8 Uhr rauslassen, na klar doch, wird gemacht. Abendessen, noch etwas chillen, es beginnt ordentlich zu regnen, ab in die Koje, es ist irgendwie gemütlich da zu liegen, zu hören wie der Regen aufs Deck prasselt und vor Müdigkeit bald einzuschlafen.


Am nächsten Morgen: Brötchen, Croissants und ein Ciabatta bekommen wir in einer gemütlichen Bäckerei (richtiges Bäcker-Handwerk), dazu einen Cappuccino in der Morgensonne. Harlingen ist ein sehr ansprechender Ort, wir erkunden ihn, nachdem wir uns in „unsere“ Box verholt und in Ruhe an Bord gefrühstückt haben. Dieser Ort strahlt einen angenehmen Charme aus, hat diesen typisch holländischen Flair, man liegt sozusagen mitten im Stadtzentrum. Die Einwohner sind sehr freundlich und gelassen. Alles wirkt sehr ordentlich, gepflegt und strahlt eine angenehme Atmosphäre aus. Spontan denken wir kurz über einen Dauerliegeplatz in Holland nach??? Anbei ein paar Impressionen:

Als Alternative zum Logbuch (wurde ja von einem aufmerksamen Blog-Leser im Kommentar gewünscht, dass ich Daten aus dem Logbuch nenne) gibt es heute das:  

Hinweis: 6 Tage auf See, 320 Nm.


Ich liebe diesen händisch auf einer Seekarte eingezeichneten Routenverlauf. Nix gegen digitale Aufzeichnungen, ist viel einfacher. Aber das Einzeichnen des Routenverlaufs von Hand auf einer Seekarte gibt mir Kraft, Hoffnung und Motivation. Keine Sorge, ein digitaler Track läuft auf dem Plotter mit. So habe ich beide Welten an Bord, analog und digital.

One Reply to “Die „Deutsche Bucht“ liegt hinter uns……..analog und digital”

  1. Moin, hört sich alles prima an. Das mit dem Groß wird schon werden. Ja, Holland ist klasse. Habe auch schon ans Übersiedeln gedacht. Wäre da nicht diese Sprache. Und nun haben sie auch noch ne Naziregierung…..
    Schöne Weiterfahrt

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