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„Seefahrt tut not“ diese freie Übersetzung hat uns geleitet um die wirklich schönen und anspruchsvollen Schläge über die Nordsee von Holland (Harlingen) bis zur Elbmündung (Cuxhaven) zu segeln. Das hatten wir in drei Schläge geplant, bzw. eingeteilt und so auch absolviert:

Törn 1, Harlingen nach Borkum (90 Nm):

Es tat sich in der letzten Woche ein gutes Wetterfenster mit gutem West- bis Südwind auf. Somit sind wir morgens um 4 Uhr in Harlingen gestartet. Es war noch stock dunkele Nacht und wir hatten uns in den Vorhafen von Harlingen verholt, weil die eigentlichen Sportboothäfen durch 2 Klappbrücken, die erst ab morgens um 6 Uhr geöffnet werden, von der Waddensee (also das Wattenmeer vor der Nordsee) abgeschnitten sind. Es war zu Anfang aufgrund der Dunkelheit sehr schwierig die Fahrwassertonnen zu finden. Ich habe es ausgeblendet, dass ein Verlassen des Fahrwassers unweigerlich damit endet, dass das Boot sofort im Sand landet und die Fahrt erst einmal beendet ist. Nach 1,5 Stunden ging die Sonne auf und das entschädigt für diese Mühe und Anstrengung.

Dann erreichen wir die Nordsee und segeln insgesamt gute 80 Nm bis nach Borkum. Ein anstrengender, aber auch sehr schöner Schlag. Guter Wind lässt uns schnell vorankommen, jedoch schaukelt uns die Nordsee auch ordentlich durch. In Borkum angekommen bemerken wir, dass wir nach gut 2,5 Monaten wieder in Deutschland angekommen sind:

  • Anlegen verboten!
  • Betreten verboten!

Das kannten wir bisher nicht, weder in Holland, Belgien, Frankreich oder England sind uns so viele Verbote entgegengehalten worden. Anyway, der Hafenmeister auf Borkum ist sehr nett und hat uns gut untergebracht. Der Hafen auf Borkum ist etwas gewöhnungsbedürftig, stark gewerblich geprägt und nur ein etwas abgerockter Steg ist für Sportboote verfügbar. Außerdem liegt der Ort (Borkum-City nenne ich ihn mal) gut 8 km entfernt. Aber es fährt eine hübsche Bimmelbahn vom benachbarten Fährhafen nach Borkum-City. Und dieser Ort wiederum ist ganz hübsch und der Strand mit der Uferpromenade gefällt uns sehr gut. Sicher geht es hier touristisch zu, aber alles in einem annehmbaren Maß und schließlich ist Hochsaison und das Wetter ist endlich sommerlich.

Borkum ist eine Insel, die wir bestimmt noch einmal besuchen werden. Dazu muss man sagen, dass die meisten Nordsee-Inseln für uns wegen unseres Tiefgangs ausfallen, es bleiben als mögliche Häfen nur Borkum, Norderney und Helgoland.

Törn 2, Borkum nach Norderney (40 Nm):

Danach geht es mit dem nächsten Wetterfenster nach Norderney, seglerisch ein schöner Schlag, wir haben fast glattes Wasser und guten achterlichen Wind, für einige Zeit sogar etwas zu wenig, so dass wir mit dem Motor ganz leicht unterstützen müssen. Aber die Ankunft auf Norderney schockiert uns zu tiefst. Auf dem Hinweg im Mai hat der Hafen uns prima gefallen und wir wollten einige Zeit auf der Insel verbringen. Aber schon in der Hafeneinfahrt erleben wir, was in Prospekten der Reisebüros so umschrieben wird:

„Mit sehr lauten Musikdarbietungen ist bis in die späte Nacht zu rechnen“

Es war Hafenfest in Norderney, der Hafen war vollkommen overbooked und wir haben im gewerblichen Teil des Hafens an einer Spundwand mit über 3 Meter Tidenhub festgemacht, wobei Abend um 22 Uhr noch ein Holländer mit einer 45er bei uns ins Päckchen ging. Somit war der Tiefpunkt erreicht. Schade, wir hatten uns sehr auf Norderney gefreut, falscher Zeitpunkt.

Törn 3, Norderney nach Cuxhaven (80 Nm):

Für den kommenden Tag war guter Wind angesagt, wir haben beschlossen in einem Rutsch von Norderney nach Cuxhaven zu segeln, nochmal ein ca. 80 Nm-Schlag mit Abfahrt morgen um 6 Uhr, was schwerfiel, da die Party im Hafen bis 3 Uhr ging, also wenig Schlaf für uns. Trotzdem lief es am kommenden Tag recht gut und wir sind bei gutem Wind bis nach CUX gesegelt und haben dort einen annehmbaren Liegeplatz gefunden. Morgens ging es erst gut los, wir liefen mit gut 8 Knoten, dann ging der Wind zurück und das Boot wurde sehr langsam (unter 3 Knoten), Micha hatte sich gerade hingelegt und ich habe drüber nachgedacht das Code-0-Segel zu setzen um etwas mehr Speed ins Boot zu bekommen. Aber ich sah von Norden eine dunkele Wolke aufziehen und plötzlich begann es wie aus Kübeln zu regnen und der Wind ging spürbar hoch, das Boot lief plötzlich 10 Knoten und zog mit der Fußleiste durchs Wasser, ich konnte gar nicht so schnell die Segelstellung und den Kurs anpassen. Micha kam verschlafen hoch und erkundigte sich nach dem aktuellen Stand der Dinge, es würde sich anders anfühlen als zuvor. Es regnet und der Wind hat sich verdreifacht.

Aber nach gut 30 Minuten war der Spuk wieder vorbei, der Wind ging runter und wurde sehr gleichmäßig und stabil, die Sonne kam wieder raus, als wäre nie etwas gewesen, wir sind so bis nach CUX gesegelt in einem guten Tempo. Ende gut – alles gut. CUX gefällt uns sehr gut, das liegt aber auch daran, dass wir hier viele gemeinsame und sehr schöne Erinnerungen aus unserer Urlaubszeit vor über 20 Jahren haben. So wandeln wir hier seit Tagen auf den Spuren unserer Vergangenheit, besuchen Orte und Plätze die uns in guter Erinnerung waren. Sicher hat sich einiges verändert, vieles ist geblieben und Neues ist dazu gekommen. CUX ist ja ein Ort, der sehr von einem Strukturwandel betroffen war / ist. Wurde in CUX in den 1950er Jahren bis 1980er Jahre sehr vom Fischfang und von der Bunderwehr gelebt, kam danach der Untergang dieser beiden Wirtschaftszweige. Man sieht es an vielen Stellen der Stadt, der alte Fischereihafen sieht aus, wie ein „Geisterhafen“, fast alle 8 Fischhallen sind leer und ungenutzt, stehen unter Denkmalschutz und somit ist es schwierig Investoren zu finden, die hier Projekte zur Entwicklung des Hafens aufsetzen und durchführen. Potential ist vorhanden und man könnte etwas draus machen. An anderen Stellen sieht man auch neue Wege, so haben sich hier einige Betriebe aus dem Windenergiebereich angesiedelt, das scheint eine erfolgreiche Entwicklung zu sein. Aber auch in der Stadt haben wir viele schöne Ecken entdeckt, so waren wir gerne im Lotsenviertel, ein Stadtteil, der versucht ein wenig Stimmung wie in Berlin-Neukölln (in light) rüber zu bringen. Im Ansatz gelingt das sogar. Und unschlagbar sind der Strand und das Watt. Egal wie touristisch CUX auch sein mag, hier am Strand und im Watt verläuft es sich. Wir entdecken auch kulinarisch ungeahnte Bedingungen. So gibt es im neuen Fischereihafen sehr gute Fischhändler und wir entdecken ein sehr hochwertiges italienisches Restaurant und eine schöne Pizzeria. Uns gefällt CUX so sehr gut, dass wir auf jeden Fall wieder kommen. Nun geht die Reise bald zu Ende, ich werde noch ein abschließendes Fazit ziehen und dann den Blog schließen.

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